Kopfkino
Kopfkino

Wenn aus einer "Störung" eine therapeutische Ressource wird. 


Im ADHS-Bereich (genau genommen sogar eher bei ADS vom unaufmerksamen Subtyp) versuchte man lange, Tagträumerei als ein Symptom zu sehen. Und Symptome stören und müssen weg. 


Wirklich ? 


Das eigentliche Problem der Tagträumerei ist ja nicht, dass wir bzw. unsere Kinder Träume haben. Das wäre ja nun wirklich schrecklich, wenn man so denken würde. Kopfbilder sind also gut und ganz natürlich. 


Das Problem ist eher, dass sie zu falschen Zeit, am falschen Ort und ohne wirkliche Kontrolle über Start und Ende auftreten. 


Und ich finde auch, dass es ein Problem ist, wie wir Therapeuten dann in Deutungen oder Erklärungen kommen, die an der Grenze zur Kaffeesatzleserei sind. Die Psychoanalyse bzw. Analyse von Träumen mag ja als Pionier-Disziplin eine gewisse Berechtigung haben. 


Aber ich sehe Träume bzw. Kopfkino / Kopfbilder nicht auf der Inhaltsebene. Sondern als eine Form des Gehirns, mit emotionalen Erlebnissen und Belastungen möglichst natürlich umzugehen.


Manchmal wird diese natürliche Schutzfunktion aber zu früh und zu häufig gebraucht. Und den Kindern steht nicht der Schutzraum zur Verfügung, den man zum sicheren Schlaf und zum sicheren Träumen braucht. Das Gehirn ist dann im Daueralarm, quasi in einer ständigen "Wächer-Position". 


Das ist auch bei Traumata bzw. dem Phänomen Dissoziation der Fall. Auch hier sind Kopfbilder bzw. das Abgleiten in einen Schutzraum der eigenen Fantasie und des Schutzes eigentlich Überlebensstrategien. Auch hier gilt eher, dass es eine Therapie und nicht ein krankhaftes Symptom ist. Oder so gesehen werden sollte. 


In der ADHS-Therapie müsste man eigentlich Kindern beibringen, wie sie mehr Tagträumen. Und wie sie darüber Kontrolle bekommen, wie sie Träume nutzen können. 


Ich denke hier beispielsweise an innere Helfer, die viele Kinder noch haben. Ich muss gerade an die Serie Lucy der schrecken der Strasse denken. Mit den beiden Knetfiguren, die Lucy begleiten und das ein oder andere Chaos anrichten. Toll. 


Das ist ja das, was wir eigentlich mit Kindheit verbinden. Kreativität und die Förderung unserer eigenen Vorstellungskraft. 


Die Imagination hilft ja auch, weil sie eine Vorbereitung für die realen Situationen sein soll. 


In der Arbeit mit Klientinnen im Trauma und Essstörungsbereich habe ich häufig erlebt, dass die Ressource Tagträumerei bzw. innere Helfer irgendwie abtrainiert wurde. Das gilt als kindisch. 


Ich selber bin auch eher "kopfgesteuert". Im Sinne von rational und in Worten und Sätzen denkend. 


Aber die bessere Steuerung wäre sicher intuitiv bzw. emotional über Bilder. Und über innere Helfer. Da muss man dann lange auf die Suche gehen, bis sich diese Instanzen wieder melden und auffinden lassen. Wenn sie denn überhaupt sich entwickeln konnten. 




Hast Du einen inneren Helfer aus deiner Kindheit, der noch irgendwo vernachlässigt und verärgert auf dich wartet? Der oder die sich immer wieder an die Stirn schlägt, wie du mit dir selbst umgehst ?